Das Angstbarometer misst die Differenz zwischen gutachterlichen Anteilswerten und Börsenkursen
Krampus, hol die Rute raus
13.12.2024 ▪ Liebe Leserinnen und Leser,
diese Woche wünsche ich den „Kramperl“ herbei, der mit seiner Rute viel zu tun hat:
Offene Immobilienfonds als kritisches Thema 2025: Die Immobilienmärkte stagnieren seit drei Jahren, während Gutachter teilweise noch steigende Preise bescheinigen. AnlegerInnen sollten prüfen, ob ihre Fondsmanager wirklich den Markt übertreffen oder überbewertete Objekte die Performance zukünftig belasten werden.
DWS grundbesitz Focus Deutschland: Die Jahresperformance von minus 3,7 % zeigt sich etwas ehrlicher als bei anderen Fonds, die unrealistische Aufwertungen ausweisen. Dennoch ist der Fonds stark kostenbelastet, wodurch Anleger trotz ambitionierter Renditeprognosen nur magere 1,5 Prozent Rendite erhalten sollen.
Vertröstungen bei Luana Capital: Die Rückzahlung der fünfprozentigen Anleihe 2019/2024 verzögert sich weiterhin - trotz anderslautender Versprechen. Aktuell wurde nun bei einer weiteren Zinszahlung vertröstet.
Warnung der BaFin zu Miller Forest Investment: Die BaFin warnt vor öffentlichen Angeboten der Miller Forest Investment AG, da diese ohne vorgeschriebenen Verkaufsprospekt erfolgen. Waldinvestments in Paraguay sind besonders risikobehaftet, und Stiftung Warentest bewertete diese bereits 2018 als „mangelhaft“.
*) Der Krampus oder „Kramperl“ ist eine Figur aus dem Brauchtum des Ostalpenraums, die den Nikolaus begleitet und mit seiner Rute die Unartigen bestraft. In protestantisch geprägten Gegenden wird die Figur auch Knecht Ruprecht genannt.
bald ist Weihnachten, aber die Taktung bei den Nachrichten bleibt hoch:
DEGAG Restrukturierung: 275 Millionen Euro Anlegergelder wurden über Genussrechte eingesammelt und in einer intransparenten Konzernstruktur verteilt. Die DEGAG hat nicht offengelegt, in welche Immobilien das Kapital floss, und umgeht mit minimalen Änderungen der Bedingungen die gesetzlich vorgeschriebene Transparenzpflicht.
Kritik an der BaFin: Die Finanzaufsicht versagte, indem sie die Umgehung von Schutzmechanismen wie dem Blind-Pool-Verbot zuließ. Selbst ein vollregulierter Publikums-AIF wie "My House" wies vergleichbare Risiken auf, da eine klare Mittelverwendung nicht erkennbar ist.
Unabhängigkeit von Gutachtern: Die BaFin plant Änderungen an den Anforderungen für externe Bewerter, löst aber das Kernproblem der Unabhängigkeit nicht. Eine zentrale Vergabestelle für Gutachten könnte Kosten senken und die Qualität der Bewertungen verbessern.
Firmenverschiebungen bei der One Group: Erwin Soravia verlegte Firmen wie ProReal Europa 9 und 10 an eine unbekannte Familie Winter. Gleichzeitig holte er über Umwege eine insolvente Gesellschaft zurück in den Konzern, was massive Verluste für AnlegerInnen befürchten lässt.
Übernahme von PROJECT durch WIDe: Die PROJECT Investment AG wurde von WIDe übernommen, doch über 100 Insolvenzverfahren belasten die AnlegerInnen weiterhin. Trotz vollmundiger Aussagen fehlt es an Transparenz und überfälligen Berichten, was die neuen Chefs vor große Herausforderungen stellt.
P.S.: Ich möchte Ihnen für das anstehende Weihnachtsfest ein paar erholsame und kraftspendende Tage wünschen. Ich bedanke mich bei allen für ihre Lesetreue und hoffe auf ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr für Sie. Zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König ist unser Büro nicht besetzt. Der nächste Newsletter erscheint voraussichtlich am 10. Januar 2025.
Bei offenen Immobilienfonds droht ein gefährlicher Dominoeffekt
Systemfehler mit 125 Milliarden Euro
17.01.2025 ▪ Liebe Leserinnen und Leser,
offene Immobilienfonds sind mit 125 Milliarden Euro Publikumsgeld ein absolutes Schwergewicht. Ich habe mich in den letzten Monaten sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt und dazu für die Bürgerbewegung Finanzwende eine gutachterliche Stellungnahme angefertigt. Die wichtigsten Ergebnisse finden Sie zusammengefasst in einem ausführlichen Beitrag:
Marktstruktur: Vier Anbieter (Deka, Union, Commerz Real, DWS) dominieren den Markt der Publikumsfonds mit einem Anteil von über 80 %.
Systematische Fehlberatung: Banken und Sparkassen empfehlen den Kauf von Fondsanteilen über Fondsgesellschaften statt über Börsen, obwohl dies oft teurer ist. Der dadurch entstandene Schaden beläuft sich bei zehn Fonds in einem näher untersuchten Zeitraum auf 1,2 Milliarden Euro.
Angst und Unsicherheit: Große Kursabschläge zwischen Börsenkursen und Fondswerten spiegeln Unsicherheit wider. Diese Differenzen zeigen die Angst vor Verlusten und können als eine Art Forward-Preis interpretiert werden.
Zweifelhafte Bewertungspraktiken: Trotz fallender Immobilienmärkte wurden die Immobilienportfolios der Fonds in den letzten zwei Geschäftsjahren um 1,6 Milliarden Euro aufgewertet. Dies deutet auf erhebliche Abwertungsrisiken hin.
Ungünstiges Risiko-Chancen-Verhältnis: Offene Immobilienfonds bieten Renditen unterhalb oder auf Höhe von Staatsanleihen (0,3 % bis 2,5 %) und rechtfertigen damit keine Anlageempfehlung. Die Chancen-Risiko-Verteilung ist ungünstig.
Hohe Kostenbelastung: 77 % der von den Fondsgesellschaften prognostizierten Erträge werden durch Kosten aufgezehrt. Die verbleibende Nettorendite von durchschnittlich 1,2 % ist unattraktiv.
Fehlaufklärung über Risiken: Niedrige Risikoeinstufungen (1 oder 2 von 7) basieren auf vergangenen Wertentwicklungen und unterschätzen die tatsächlichen Risiken wie Volatilität und systemische Unsicherheiten.
Vergangene Verluste: Die Betrachtung aktueller Fonds ignoriert Verluste aufgelöster Fonds. Der Morgan Stanley P2 Value erzielte beispielsweise einen Verlust von 47,7 %.
Negative Renditen: Drei von zehn untersuchten Fonds zeigen bereits negative Jahresrenditen. Marktgerechte Abwertungen erfolgen oft erst bei Immobilienverkäufen zur Liquiditätsbeschaffung.
Sicherheit, Stabilität und fester Zinssatz waren beliebte Argumente der DEGAG für ihre Genussrechte
DEGAG räumt Insolvenzmöglichkeit ein
24.01.2025 ▪ Liebe Leserinnen und Leser,
diese Woche berichte ich über den nächsten Skandalfall und wie sich AnlegerInnen gemeinsam wehren:
DEGAG: Die Geschäftsführung räumt die Möglichkeit von Insolvenzverfahren ein. Geldflüsse sind sehr intransparent und fragwürdige Interessengemeinschaften trommeln mit eigenen Interessen für Mitgliedschaften.
ThomasLloyd: Jetzt werden sogar eigene AnlegerInnen mit Klagen bedroht, falls sie ihre bisher ausgesetzten Ratenzahlungen nicht sofort nachholen. Der Ton verschärft sich radikal, was die Frage aufwirft, warum ThomasLloyd plötzlich so auf Einzahlungen drängt.
IG-Rendity: Eine Interessengemeinschaft von AnlegerInnen für AnlegerInnen sucht gerade MitstreiterInnen, um der österreichischen Plattform mit unzähligen Problemfundings einzuheizen. Mit zwei Kanzleien werden verschiedene Pilotklagen vorbereitet, um die rechtliche Situation besser beurteilen zu können.
Bergfürst: Nach vielen Problemen bei den Schwarmfinanzierungen für Immobilienprojekte versucht sich die Crowdplattform nun als Goldvermittler. Wer XETRA-Gold oder EUWAX-Gold googelt, der findet schnell seriösere und günstigere Alternativen.
Die Risiken wurden bei den DEGAG-Genussrechten verharmlost
Erste Insolvenzverfahren bei der DEGAG
31.01.2025 ▪ Liebe Leserinnen und Leser,
der nächste größere Skandalfall im grauen Kapitalmarkt hat nun offiziell begonnen. Die ersten Insolvenzverfahren wurden bei der DEGAG eingeleitet und weitere werden folgen.
Verharmlosung der Risiken bei DEGAG-Genussrechten: Die DEGAG warb mit Begriffen wie „höchstmögliche Sicherheit“ und „stabile Zinsen“, obwohl Genussrechte hochriskante Eigenkapitalanlagen ohne Mitspracherechte sind. Zudem floss das Anlegerkapital nicht direkt in Immobilien, sondern wurde innerhalb des Konzerns weitergereicht.
Erste Insolvenzverfahren eingeleitet: Die DEGAG Deutsche Grundbesitz Holding AG und die DEGAG Bestand und Neubau 1 GmbH haben Insolvenzanträge gestellt. Besonders problematisch: Die Holding fungierte als Muttergesellschaft für zahlreiche Tochterfirmen, die Anlegergelder untereinander weiterverteilten.
Ursachen der Insolvenz: Seit Dezember 2024 wurden Zinszahlungen an AnlegerInnen eingestellt. Neben nicht gezahlten Steuern und offenen Provisionen führten gescheiterte Immobilienverkäufe zur Zahlungsunfähigkeit. Unklar bleibt, ob Patronatserklärungen und weitere Forderungen eine Rolle spielen.
Komplexe und intransparente Unternehmensstruktur: Die DEGAG wurde über verschachtelte Strukturen in Liechtenstein gesteuert. Dadurch bleibt unklar, wer tatsächlich hinter dem Unternehmen steht. Die fehlende Transparenz bei Geschäftsberichten und Finanzierungsstrukturen stellt ein großes Risiko für Anleger dar.
Ablauf des Insolvenzverfahrens und Risiken für AnlegerInnen: Anleger haben nur nachrangige Forderungen, die sie in den Insolvenzverfahren anmelden müssen. Interessengemeinschaften und Anwaltskanzleien bieten ihre Hilfe an, aber Investoren sollten vorsichtig sein, da hier Machtinteressen eine Rolle spielen. Gläubigerversammlungen werden entscheidend für den weiteren Verlauf sein.
Foto von Herrn Dieter Lahner; Bild von Stefan Loipfinger
„Wir fühlen uns wohl und solide“
08.02.2025 ▪ Liebe Leserinnen und Leser,
ich war kürzlich im oberfränkischen Ebermannstadt. Dort traf ich den Fondsanbieter Dieter Lahner, der zuletzt mit der Übernahme von PI-Fonds und der PROJECT Investment für Schlagzeilen sorgte. Für die AnlegerInnen dürfte das dabei entstandene Interview sehr aufschlussreich sein.
Übernahme der PROJECT Investment AG: Die WIDe unter Dieter Lahner hat 89 Prozent der PROJECT Investment AG sowie weitere Gesellschaften übernommen. Die Herausforderungen sind enorm, da über 100 Insolvenzverfahren laufen und viele AnlegerInnen verunsichert sind.
Unterschiede zur alten PROJECT-Gruppe: Lahner betont eine anlegerfreundlichere, offenere Kommunikation und schnellere Entscheidungswege. Er sieht Marktveränderungen als Hauptgrund für die Insolvenzen der PROJECT-Gruppe, nicht das kritisierte Cash-Pooling-System.
Zukunft der PROJECT-Fonds und KVG-Stabilität: Lahner sieht derzeit keine akuten weiteren Insolvenzen, erkennt aber Risiken für einzelne Fonds. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) müsse stabilisiert werden, habe aber genug Liquidität für 2025 und 2026.
Probleme bei den PI Pro Investor-Fonds: WIDe hat Fonds der PI Pro Investor übernommen und finanziert die Übernahmekosten durch temporäre Gebührenerhöhungen. Lahner sieht sich als effizienter und entscheidungsfreudiger als die Vorgänger und will die Immobilien besser managen.
WIDe-Fonds und die allgemeine Marktsituation: Steigende Energiekosten und eine gesunkene Zahlungsbereitschaft stellen Herausforderungen dar, aber Lahner betont, dass WIDe solide aufgestellt sei. Ausschüttungen wurden teilweise ausgesetzt, um Reserven zu stärken, jedoch gebe es keine kritischen Probleme.
ThomasLloyd sucht dringend Geld und bietet 20 Prozent Rabatt auf ausstehende Pflichteinlagen.
Investmentangebot nach Mahnbeischeid
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Woche berichte ich über ein Jubiläum und einige kleine sowie größere Erfolge:
In eigener Sache: Das Anlegerforum Investmentcheck.Community feierte am 13. Februar sein vierjähriges Bestehen. In dieser Zeit registrierten sich 8.668 Nutzer und veröffentlichten 36.000 Beiträge in 260 Foren.
EV Digital Invest - Kammergericht bestätigt erste Instanz: Das Kammergericht Berlin hat für eine Pilotklage einen Hinweisbeschluss zugunsten eines Anlegers erlassen. Die Plattform EVDI wird kritisiert, da sie zugesagte Prüfungen nicht durchgeführt hat und AnlegerInnen über Bürgschaften irregeführt wurden.
DagobertInvest - zwei erstinstanzliche Urteile: Ein Landgericht sprach einem Anleger Schadensersatz zu, da DagobertInvest unzureichend über Bürgschaften informierte. Ein weiteres Urteil rügt unklare Vertragsbedingungen und eine mangelnde Transparenz bei Nachrangklauseln.
ThomasLloyd - Von Mahnbescheiden zu Investmentangeboten: ThomasLloyd forderte AnlegerInnen im Dezember zur sofortigen Zahlung ausstehender Raten auf und schickte teils sogar Mahnbescheide. Nach rechtlichem Widerstand bietet das Unternehmen nun 20 Prozent Rabatt auf Pflichteinlagen - jedoch für ein neues, kaum erklärtes Wasserinvestment.
Steiner & Company – Weiterer Erfolg für den Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz: Beim MAP Ansparfonds 1 konnten Abstimmungen im schriftlichen Umlaufverfahren so beeinflusst werden, dass anlegerfreundliche Entscheidungen getroffen wurden.
DEGAG - Insolvenzverfahren in Hameln: Unternehmen der DEGAG-Gruppe sind insolvent, das Amtsgericht Hameln führt die Verfahren. Die Zuständigkeit hängt wohl mit dem Wohnsitz des Geschäftsführers zusammen – ein fragwürdiges Zeichen für einen Konzern dieser Größe.
Meine Gedanken zu den Urteilen gegen EV DI und Dagobertinvest:
EV DI: Das Gericht rügt im Wesentlichen den zeitlichen Abstand zwischen der Prüfung der Bonität und dem Auflegen des Angebotes. Hier hat EV DI definitiv einen großen Fehler begangen (analog zum Vorgehen vieler Banken bei der Prüfung älterer Bestandskunden - eine neue Prüfung kostet eben Geld). Gut für die Investoren, die sich Hoffnung auf die Rückzahlung ihres Einsatzes machen dürfen.
Jetzt kommt das Aber: Dieses Urteil ist nicht ohne weiteres auf andere Projekte von EV DI übertragbar. Sollte EV DI in anderen Projekten die Prüfung der Bonität zeitnah durchgeführt haben, läuft ein Verweis auf dieses Urteil ins Leere.
Dagobertinvest: Danke an den Anwalt Lutz Tiedemann und die Gerichte, die sich detailliert mit den Vorgängen bei DI befasst haben.
Im Fall der Bürgschaft wird deutlich, mit welch fehlerhaften Informationen DI die Projekte angeboten hat. Das dürfte nicht einmal ein Versicherungsfall sein, da die beschriebene Vorgehensweise von DI meiner Meinung nach grob fahrlässig ist. Allerdings müssen die fehlerhaften Informationen in jedem Projekt einzeln nachgewiesen werden. Das kann sich hinziehen
Interessant ist das zweite Urteil gegen DI. Sollte dieses Urteil bestätigt werden, können alle Verträge (mindestens mit Investoren aus Deutschland) mit gleichlautenden Klauseln rückabgewickelt werden. Theoretisch ist dies ein Fall für die Haftpflichtversicherung von DI, wenn der Vertrag vorher rechtlich begutachtet wurde.
Mein persönlicher Dank an die Kläger. Ich habe insgesamt auch einiges investiert, aber in jedes Projekt meistens nur den Mindestbetrag. Für eine Klage ist das problematisch.